Samstag, 23. Juni 2018

DAS WASSERSCHUTZBROT

Brot für die Umwelt


Wie man es gebacken bekommt, dass weniger Nitrat im Grundwasser landet. Ein Lehrstück aus Unterfranken.
Quelle: Pixabay bread-821503_1920
In Deutschland gibt es mehr als 300 Sorten Brot: helles, dunkles, aus Roggen, Dinkel, Weizen oder Buchweizen. In Unterfranken macht nun ein ganz besonderes Brot von sich reden, nachdem sich eine ungewöhnliche Allianz aus Politikern, Landwirten, Wasserversorgern, Mühlen und Bäckern dafür starkgemacht hat. Das Brot dient dem Umweltschutz. Zwölf Handwerksbäckereien stellen es mittlerweile her. Wie es aussieht, wie viel es wiegt und was darin steckt, definiert jede Bäckerei selbst. Verbindlich ist nur eines: Der Weizen, mit dem es gebacken wird, stammt von sparsam gedüngten Feldern.

Quelle: Pixabay wheat-1530321_1920
Zu viel Dünger hat zur Folge, dass Stickstoff in Form von Nitrat die Ökosysteme aus der Balance bringt. Stickstoff ist einerseits ein Baustein des Lebens, Pflanzen brauchen ihn zum Wachsen. Darum bringen Landwirte nitrathaltigen Dünger auf ihren Feldern aus. Doch weil sie das im Übermaß tun und die überschüssigen Nitrate von den Pflanzen nicht komplett gebunden werden können, versickern sie im Boden, gelangen dann in Bäche, Flüsse und ins Grundwasser.

Die Folgen sind laut Umweltbundesamt vielschichtig: kippende Gewässer, Rückgang der Artenvielfalt, weniger Stabilität von Hölzern und Blättern in den Wäldern. Ob Nitrat auch die Gesundheit des Menschen unmittelbar gefährdet, ist umstritten. Theoretisch kann es sich im Körper zu Nitrit und Nitrosaminen umwandeln, Verbindungen, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Die Europäische Union hat jedenfalls 50 Milligramm pro Liter als Grenzwert für die Nitratbelastung des Grundwassers festgelegt.

In Deutschland wird dieser Grenzwert seit Jahren vielerorts überschritten, was mehrere Rügen und im Oktober 2016 schließlich eine Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zur Folge hatte. Die Bundesregierung will nun mit einer Novelle der Düngeverordnung das Problem in den Griff kriegen.



Unterdessen macht eine regionale Initiative vor, wie man das Grundwasser vor einer zu hohen Nitratbelastung schützen kann. Die Regierung Unterfranken, eine von sieben staatlichen Mittelbehörden mit Sitz in Würzburg, rief zusammen mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) das Projekt „Wasserschutzbrot“ ins Leben. Vor drei Jahren begann ein Probelauf mit jeweils einem Landwirt, einer Mühle und einem Bäcker.



Ein solches Brot muss zu mehr als 60 Prozent aus entsprechend erzeugtem Weizen bestehen. Während der Eiweißgehalt von herkömmlich gedüngtem Backweizen im Optimalfall zwischen 13 und 14 Prozent liegt, bringt es der Wasserschutzweizen auf lediglich 10,5 bis 11,5 Prozent. „Die Teigeigenschaften sind minimal anders, das zeigt sich beim Kneten. Mit Gefühl und Übung bekommt man das aber schnell in den Griff“, sagt Nadine Beuerlein, Juniorchefin der Bäckerei Kohler im unterfränkischen Volkach.

Inzwischen backt der Familienbetrieb nicht mehr nur sein als Wasserschutzbrot ausgelobtes Mischbrot mit dem weniger gehaltvollen Weizen, sondern das komplette Sortiment, von der Semmel bis zum Christstollen. „Weil wir von der Idee absolut überzeugt sind“, sagt Beuerlein.
Auch die Reaktionen der Kunden seien durchweg positiv. Mit der Umstellung von 40 Tonnen Weizenmehl im Jahr, das in zwei Mühlen separat gemahlen und gelagert wird, nimmt der Betrieb eine Vorreiterrolle unter den 12 teilnehmenden Bäckereien ein.

Den Wasserschutzweizen bauen vier Landwirte aus der Region an. Dadurch sind sie erst mal im Nachteil. Je niedriger der Eiweißgehalt des Backweizens, umso weniger verdient der Bauer daran. Außerdem fällt der Ernteertrag etwas geringer aus, wenn die Pflanzen mit weniger Stickstoff versorgt werden. Doch in Unterfranken werden die Nachteile durch eine Ausgleichszahlung aufgehoben, die die Bauern aus der Kasse von drei Wasserversorgern erhalten – und das aus gutem Grund. „Nitrat aus dem Grundwasser zu filtern wäre deutlich aufwendiger und teurer“, erklärt Diplomingenieurin Marion Sterzinger-Greif von der Fernwasserversorgung Franken.

Quelle: https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2017/marketing/brot-fuer-die-umwelt?utm_source=xing&utm_medium=link&utm_content=artikel_wasserschutzbrot&xing_share=news

Freitag, 8. Juni 2018

WENN PESTIZIDE "FREMDGEHEN"


Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 hat im Rahmen unserer Initiative "Schau, wo dein Essen herkommt" eine Studie erstellt mit dem Titel "Vom Winde verweht: Gesundheitsrisiko Pestizidabdrift?". 


Der GLOBAL 2000 Umweltchemiker und Kommunikator des Jahres, Helmut Burtscher-Schaden, beleuchtet in der vorliegenden Studie das bislang in der medialen und politischen Diskussion wenig behandelte Thema der Pestizidabdrift, mit dem Schwerpunkt auf damit verbundene gesundheitliche Risiken.




Pestizidabdrift entsteht, wenn im Zuge einer Pestizidanwendung Sprühnebel vom Wind verweht wird, belastete Stäube aus dem Erdreich aufgewirbelt werden oder starke Sonneneinstrahlung flüchtige Pestizidwirkstoffe zum Verdunsten bringt. So gelangen diese Gifte an Orte, für die sie nicht bestimmt sind. Bio-Flächen werden kontaminiert, Ackerpfützen werden zu Giftcocktails, Blumenwiesen zur Insektenfalle und das Frühstück im eigenen Garten zum Fiasko.



Viele Betroffene

„Jahr für Jahr erreichen uns dutzende Anfragen von Menschen, die von Pestizidabdrift betroffen sind. Oft ist es ein sich ausbreitender „Chemiegeruch“, der Sorgen weckt und die Menschen in ihre Häuser treibt. Häufige Begleiterscheinungen sind Augenbrennen, Atembeschwerden, Kopfschmerzen, manchmal auch Schwindel und Hautreizungen“, erklärt Burtscher-Schaden: „Die behördlichen Zuständigkeiten scheinen unklar, die Suche nach Hilfe gestaltet sich für die Betroffenen zumeist sehr schwierig, von Erfolg gekrönt ist sie nur selten.“
Die bei GLOBAL 2000 eingehenden Meldungen, von denen dreizehn im vorliegenden Report steckbriefartig zusammengefasst sind, dokumentieren gesundheitliche, wirtschaftliche und ökologische Folgen von Pestizidabdrift. Insbesondere zeigen die zahlreichen Berichte über gesundheitliche Beeinträchtigung, dass der gesetzliche Anspruch der EU-Pestizidverordnung (EC) Nr. 1107/2009, dass Pestizide „keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit“ haben dürften, in der Praxis nicht hält.

 Anrainer von Friedhof betroffen
Anhand eines Fallbeispiels (wiederkehrende Beeinträchtigung von AnrainerInnen eines Kärntner Friedhofs im Zuge von Unkrautbekämpfungen mit Glyphosat) geht der Report der Frage nach, welches die Ursachen für die offenkundige Diskrepanz zwischen gesetzlichem Anspruch und Realität ist. Es wird gezeigt, dass das Zulasssungsverfahren für Pestizide mit realitätsfernen Modellen arbeitet und deshalb die Gesundheitsrisiken durch Abdrift systematisch unterschätzt werden.
Da es in Österreich keine behördliche Erfassung und Dokumentation von Abdrift-Fällen gibt, werden die damit verbundenen Probleme von offizieller Seite nicht registriert. Sobald der Behörde aber Informationen über Gesundheitsprobleme, die auf den Einsatz eines zugelassenen Pestizids zurückzuführen sind, vorliegen, ist sie verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Zulassungen zu überprüfen, und diese gegebenenfalls zu korrigieren.
Dieser im Gesetz verankerte „Feedback-Mechanismus“ kann aber nur dann funktionieren, wenn entstehende Pestizid-Schäden tatsächlich von der Behörde erfasst und ausgewertet werden.
Quelle: https://www.muttererde.at/vom-winde-verweht-abdriften-von-pestiziden/?utm_source=MUTTER+ERDE++Mitmach-Challenge&utm_campaign=d5944e2285-EMAIL_CAMPAIGN_2018_06_08_07_05&utm_medium=email&utm_term=0_6798f0687c-d5944e2285-172588761