Das Geschäft deutscher Konzerne mit Pflanzenschutzmitteln
Es ist eine wahre Fleißarbeit, die brasilianische Umweltgruppen auf sich genommen haben. Unterstützt wurden sie vom kirchlichen Hilfswerk Misereor, der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie dem Entwicklungsnetzwerk Inkota. Gemeinsam haben die Experten der verschiedenen Organisationen eine Liste erstellt, auf der sämtliche Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel enthalten sind, die in der Europäischen Union verboten sind, von hier ansässigen Konzernen aber dennoch exportiert werden. Insgesamt erstreckt sich die Aufzählung über zwei volle Seiten. Teilweise existiert keine EU-Zulassung, weil der entsprechende Wirkstoff hier nie bei den Behörden eingereicht wurde. Dies kann eine Vielzahl von Gründen haben und muss noch nicht bedeuten, dass der Einsatz besonders gefährlich ist. Bei einer ganzen Reihe der genannten Wirkstoffe wurde die Zulassung in der EU aber verweigert oder wieder zurückgezogen.
Nur teilweise werden die Stoffe freiwillig vom Markt genommen
So verkauft der Bayer-Konzern in Brasilien beispielsweise Fenamidon. Der Wirkstoff wird als Gefahr für Wasserorganismen angesehen – weshalb die Zulassung in der Europäischen Union schon 2018 widerrufen wurde. BASF wiederum vertreibt in dem südamerikanischen Land das Herbizid Cyanamid, das bei der Prüfung hierzulande direkt durchfiel. Beispiele wie diese gibt es viele und sie alle werfen die Frage auf: Wenn Wirkstoffe in der Europäischen Union nicht mehr als sicher gelten, können sie dann wirklich bedenkenlos in Südamerika und Afrika eingesetzt werden? Für die Konzerne ist die Sache in den meisten Fällen klar: Bei einer sachgemäßen Anwendung bestehe keine Gefahr für die Umwelt. Bei einigen Produkten ist den Konzernen der Vertrieb dann aber doch zu heikel. So nimmt Bayer aktuell den Wirkstoff Carbendazim vom Markt. Der Grund: Die Weltgesundheitsorganisation stufte ihn als besonders toxisch ein.
Brasilien setzt sehr stark auf den Einsatz von Pestiziden
Problematisch ist der Export von hierzulande verbotenen Pflanzenschutzmitteln vor allem aus ethischer Sicht. Denn es besteht die Gefahr, dass die Gewinne aus diesen Geschäften vor allem bei europäischen und nordamerikanischen Firmen landen, während die gesundheitlichen und umweltschädlichen Folgen von den ärmeren Ländern des Südens geschultert werden müssen. Teilweise sind es aber auch die Regierungen vor Ort, die den Einsatz von umstrittenen Pestiziden befürworten. So wurden in Brasilien seit dem Jahr 2019 stolze 50 neue Wirkstoffe zugelassen wurden – von denen 23 in Europa verboten sind. Genutzt werden die Pflanzenschutzmittel in der Regel in Kombination mit gentechnisch veränderten Pflanzen, um den Ertrag der Felder zu steigern. Zumindest ein Teil der umstrittenen Stoffe gelangt dann auch wieder zurück nach Europa – etwa als Rückstände im Tierfutter.
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